Membership has its Privileges oder Wie es die Österreichisch-Britische Gesellschaft schaffte, zwei Mal am selben Tag zu feiern!
Die Minoriten oder Minderbrüder (fratres minores), der Stamm aus dem die Ordensfamilie der Franziskaner erwuchs, wurden 1224 von Herzog Leopold VI. nach Österreich gerufen und gründeten das Wiener Minoritenkloster.
Nach dem Stadtbrand von 1275 wurde von König Ottokar Přemysl im Jahre 1276 der Grundstein für die neue Kirche des Minoritenklosters gelegt. Sie war eine der ersten gotischen Kirchen im ostösterreichischen Raum und bestand wahrscheinlich aus einem zweischiffigen Langhaus mit angeschlossenem Langchor. Nach Ottokars Tod in der Schlacht auf dem Marchfeld wurde er hier dreißig Wochen aufgebahrt.
1782 wurden die Minoriten im Zuge der Religionspolitik Kaiser Josephs II. in die ehemalige Kirche der Weißspanier, die Alserkirche, abgesiedelt. Die Minoritenkirche wurde im folgenden Jahr am 3. Juni 1784 auf betreiben des Monarchen Eigentum der Italienischen Kongregation Maria Schnee und somit zur italienischen Nationalkirche erklärt. Im Zuge dessen wurde sie, bezugnehmend auf das in Santa Maria Maggiore verehrte Gnadenbild, Maria Schnee (Madonna della Neve) geweiht – dieses Patrozinium besteht heute noch.
Anfang des 19. Jahrhunderts kam auch eine Mosaikkopie von Leonardo da Vincis Letztem Abendmahl in die Kirche. Sie war von Napoleon bei Giacomo Raffaelli in Auftrag gegeben worden, wurde aber wie einige andere Kunstwerke erst nach seinem Sturz beendet und wurde von seinem Schwiegervater Kaiser Franz I. gekauft. Für seinen ursprünglich vorgesehenen Aufstellungsort im Belvedere erwies sie sich als zu groß, so dass sie letztlich in diese Kirche kam.
Ab 1784 wurde die Gemeinde der Italienischen Nationalkirche teilweise von Diözesanpriestern teilweise von Ordenspriestern geistlich betreut, etwa den Redemptoristen, den Oblaten des hl. Joseph und den Salesianern. Von 1957 bis 2019 waren Patres des Minoritenordens mit der Seelsorge betreut. Auf Betreiben der Erzdiözese Wien wurde ein Teil der italienischen Kultusgemeinde in die Pfarrkirche Alser Vorstadt umgesiedelt, nachdem die Eigentümerin der Minoritenkirche den Minoritenorden im Dezember 2018 per 30. Juni 2019 gekündigt hatte, der andere Teil verblieb in der Italienischen Nationalkirche.
In sie, die ehrwürdigen Minoritenkirche, der Italienischen Nationalkirche, just am Tag des österreichischen Nationalfeiertags, dem 26. Oktober, lud die Österreichisch Britische Gesellschaft seine Mitglieder zu einem Concert Spirituel des „Wiener KammerOrchesters“ ein. Für diese war es ein besonders hektischer Tag, waren viele schon am Nachmittag in Trumau beim traditionellen „Morgan End of Season Party“, ebenfalls einem ABS Event, über die unser Vorstandsmitglied, Wolfgang Buchta bereits ausführlich in Wort und Bild berichtet hat. Zwei ABS Veranstaltungen am selben Tag gab es noch nie. Wie doch die Rekorde bei uns nur so purzeln!
In der akustisch beeindruckenden Kirche lauschten wir fasziniert, in mystische Dunkelheit gehüllt, dem „Wiener KammerOrchester“, das im Jahr 1946 gegründet worden ist. Unter der Leitung von Philippe Bernot, Flötist und Professor für Kammermusik und Flöte am Pariser Konservatorium hörten wir die wunderbare Musik von François Devienne (Philippe Bernot fand den Namen belustigend, denn übersetzt heißt der Mann „Franz von Wien“: „de Vienne“!) ein Konzert für Flöte und die Sinfonie für Streicher Nr. 9 C-Dur „Schweizer Sinfonie“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Doch eingeleitet wurde das Programm mit Johann Sebastian Bach, Konzert für zwei Violinen, Streicher und Basso continuo d-Moll, BWV 1043 mit dem virtuosen Geiger Mario Hossen, der auf einer Violine von G. B. Guadagnini 1749 spielte, einer Leihgabe aus der Sammlung der Oesterreichischen Nationalbank.
Der Abend wurde abgerundet mit einem kleinen aber netten Empfang unter vielen Leuten im gotischen Kreuzgang der Kirche. Womit auch wir, die Mitglieder der Österreichisch-Britischen Gesellschaft, den Nationalfeiertag würdig begangen haben.
Wolfgang Geißler
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