Aktuelle Herausforderungen der Gesundheitspolitik
Die Österreichisch-Britische Gesellschaft (ABS) demonstrierte am 19.Jänner wieder einmal die sachliche Breite ihres Programms mit einem Vortrag über die öffentliche Gesundheit in Österreich.
Priv. Dozentin Dr. med. Pamela RENDI-WAGNER ist im Gesundheitsministerium als höchste Beamtin für einen großen Bereich der öffentlichen Gesundheit zuständig- von der Krankenhaushygiene, übertragbare Krankheiten über Arzneimittel, Krisenintervention bis zum zum Impfwesen.
Sie durchlief eine Facharzt Ausbildung für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin an der Universität Wien und habilitierte sich ebendort. Eine nationale und internationale wissenschaftliche Tätigkeit in den Bereichen Infektionsepidemiologie, Vakzin Prävention und Reisemedizin folgte.
Im Jahre 2008 trat sie als Ehegattin des damaligen österreichischen Botschafters in Israel eine Gastprofessur an der Tel Aviv Universität für einige Jahre an.
Rendi-Wagner begann ihre hochinteressanten und sehr offen vorgetragenen Ausführungen über öffentliche Gesundheit in Österreich mit der deprimierenden Feststellen ,dass die Bevölkerung in Österreich zwar immer älter ,jedoch keineswegs gesünder wird, was bedeutet ,dass statistisch gesehen fast alle Menschen über 60 an irgendeiner chronischen Krankheit leiden und die Lebensqualität deutlich eingeschränkt ist.
Das stellt demnach die Gesundheitspolitik vor riesige organisatorische und auch finanziellen Herausforderungen. In der Europäischen Union werden jährlich 169 Milliarden Euro für die Behandlung cardio-vaskulärer Krankheiten ausgegeben, was 62 % aller Gesundheitsausgaben entspricht. Krankheiten im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch verschlingen nicht weniger als 125 Milliarden Euro und für Krankheiten durch Übergewicht müssen in den meisten europäischen Ländern ca, 3 % aller Gesundheitsaufwendungen ausgegeben werden ,während Krebserkrankungen mit 6,5% der Gesundheitsbudgets zu Buche schlagen.
Österreich betrachtet, kann man folgenden feststellen:
The" good news":
Das Gesundheitssystem ist bei der Bevölkerung hochangesehen:
- Zugang
- Fairness/Solidarität
- Breite Risikoabdeckung über Pflichtversicherung
- Hohe Leistungsdichte (stationär und ambulant)
und teilweise überdurchschnittliche Ergebnisse in machen Bereichen.
Dem stehen aber die "bad news" gegenüber:
- zu hohe Leistungsdichte im stationären Bereich
- zu wenig Fokus auf Prävention und Qualität
- Koordination der Verantwortlichen(Mayor Players- d.s. vor allem Länder, Sozialversicherung und Ärztekammer) sehr schwierig und mitunter frustrierend
- Hoher Ressourceneinsatz für oft nur mittelmäßige Ergebnisse
- hohes Wachstum der Gesundheitsausgaben im Verhältnis zum BIP und Intransparenz des Systems.
Unter dem Generalziel die gesunden Lebensjahre aller in Österreich lebenden Menschen in den nächsten 20 Jahren um zwei Jahre zu erhöhen: sollen durch eine großangelegte Reform die bad news nach und nach aufgearbeitet werden.
Die nachfolgende Diskussion war engagiert und wurde nicht zuletzt durch die Anwesenheit und die Wortmeldungen mehrerer Mediziner bereichert. Eine Anregung,das Gesundheitswesen in Österreich nachhaltig durch ein "Bonus-Malus System" i.S. eines gewissen Zwanges zu einer gesunden Lebensweise zu sanieren, wurde als u.a. nicht "Evidenz-basiert" abgelehnt.
Auch die riesigen Profite der Pharmaindustrie wurden thematisiert ,im gleichen Atem aber mit der Bemerkung nach einem hohen in Aussicht gestellten Preisnachlass konterkariert.
Die Vortragende antwortete auf alle Fragen präzise, pointiert und war für jede Anregung offen. Insbesondere trat sie dezidiert für die Durchimpfung von Kindern und Jugendlichen, vor allem aber an dem Medizinpersonal in den Spitälern ein. Interessanterweise lehnt sie als "Schulmedizinerin" die Homöopathie leidenschaftlich ab.
Ein spannender Abend "der anderen Art".
Christiani